Fahrgastinformation am Oppenauer Bahnsteig

Bis zur Wiederaufstellung des in Renovation befindlichen Denkmals zeigte in Tim Otto Roths Oppenauer Bahnhofsatelier eine gelbe LED-Anzeige alle Namen der Gefallenen in einer Laufschrift. Es sind insgesamt 190 Namen, wovon, wie z.B. Ludwig Huber, viele regional sehr vertraut klingen. Die Idee mit der leuchtenden Laufschrift, die auf den ersten Blick Assoziationen zu den Arbeiten Jenny Holzers weckt, hat zugleich einen unmittelbaren Ortsbezug. Die LED-Anzeige ist im Oberlicht des Künstlerateliers untergebracht und zeigt gen Bahnsteig, wo ebenfalls gelbe Laufschriften der Ortenau-S-Bahn Informationen zum aktuellen Zugverkehr geben. Das visuelle Spiel mit geläufigen Fahrtafelanzeigen ist aber mehr als ein Element der Irritation, vielmehr ist es auch ein Verweis auf den Bahnhof als den Ort, wo viele der Soldaten auf immer den letzten Abschied von der Heimat nahmen.
Interaktive Karte, die bekannte Sterbeorte und -daten von Oppenauern verzeichnet. Rund jeder zehnte männliche Oppenauer starb im Ersten Weltkrieg. Die Karte befindet sich aktuell noch im Aufbau. Über die Schalfläche [ ] oben rechts läßt sich eine bildschirmfüllende Ansicht der Karte öffnen.


Das temporäre Denkmal nahm in mehreren Schritten seinen Dienst auf. Ab dem 1. August waren verschiedene deutsche Kriegserklärungen auf der Laufschrift zu sehen sein. Den Künstler reizte hier insbesondere die am 3. August telegraphisch übermittelte Kriegserklärung an Frankreich, die aufgrund eines Kommunikationsfehlers stellenweise sinnfreie, dadaistisch Züge annimmt.
In einer besonderen Abendveranstaltung am Dienstag den 12. August 2014 wurde dann das temporäre Denkmal mit allen 190 Namen eingeweiht. Hierzu trug Willi Keller Lyrik aus den ersten Kriegsmonaten von prominenten Dichtern, wie dem Literaturnobelpreisträger Gerhard Hauptmann, dem Lyriker und Kriegsfreiwilligen Richard Dehmel und dem als "der deutschesten, aller jüdischen Dichter" bekannte Ernst Lissauer, vor. Diese von der Literaturwissenschaftlerin Miriam Seidler zusammengestellten Gedichte bejubeln im Nachhinein auf kaum nachvollziehbare Weise den Krieg und bringen so das moralische Versagen von großen Teilen der künstlerischen Avantgarde zur Sprache. Die Tatsache, daß im ersten Kriegsjahr schätzungsweise drei Millionen Kriegsgedichte nicht nur aus Lyrikerhand entstanden, verweist aber zugleich auf die Kriegsbejahung großer Bevölkerungsteile. Ob alle Oppenauer Rekruten in Anbetracht des Erntemonats August tatsächlich so freudig in den Krieg zogen, ist zu bezweifeln.
Das temporäre Denkmal blieb mehr als 15 Monate lang in Betrieb, bis das alte Denkmal an neuer Stelle wieder aufgestellt wurde. Mehr...


Eine der drei Tafeln des Kriegerdenkmals, die die Namen der Kriegstoten sortiert nach Kirchspiel und Todesjahr alphabetisch verzeichnet. Die Namen erscheinen in der selben Reihenfolge auch in der LED-Laufschrift.